Sankt Petersburg ist die nördlichste Millionenstadt der Welt, ist osteuropäische Kultur- und Tourismushochburg, Weltkulturerbe der UNESCO und wichtigster Hafen Russlands. Gleichzeitig ist sie die Heimatstadt zahlreicher Berühmtheiten aus Kunst, Literatur und Politik. Es gibt die Eremitage, das Bernsteinzimmer und obendrein als einzigartiges Naturphänomen die “Weißen Nächte“.

Charakteristisches Stadtbild: kilometerlange Prachtstraße.

Und dennoch: Reicht es aus, Sankt Petersburg auf Zahlen und die immense Pracht seiner Bauwerke, Museen und Skulpturen zu reduzieren? Mitnichten, denn zu groß ist die Kluft zwischen architektonischer Suggestion und dem, was vereinfacht gerne als die Russische Mentalität bezeichnet wird.

“Dolce Vita” jedenfalls wird man als Betrachter auf den Straßen der Stadt nur mit Mühe erfassen, von den teils ausgelassenen Festivitäten des Sommers einmal abgesehen. Eher prägen Zurückhaltung und ein Hauch von Melancholie das alltägliche Leben, so dass Sankt Petersburg selbst Kennern stets ein wenig fremd bleibt – gerade so wie die oftmals von Tragik und innerer Einsamkeit gezeichneten Romanfiguren Fjodor M. Dostojewskis, dem großen Schriftsteller und Sohn der Stadt.

Gänzlich widerspruchsfrei bleiben dagegen die Besucherzahlen der zurückliegenden Jahre. Sie verdeutlichen mit Nachdruck, dass die 4,5 Millionen Einwohner zählende Ostseemetropole schlichtweg in ist. Tagein, tagaus durchströmen Urlauber, zumeist Tagestouristen, und Geschäftsleute aus aller Welt das Zentrum, dessen Bestand an rund 2.500 denkmalgeschützten Bauwerken weltweit nahezu einzigartig sein dürfte.

Der prächtige Innenraum des Mariinsky Theaters – weitaus bekannter unter der älteren Bezeichnung “Kirow-Ballett”.

In der Filmsprache wäre wohl „großes Kino“ eine passende Bezeichnung für Sankt Petersburg, das mit seiner architektonischen Imposanz bisweilen tatsächlich an die Kulissen einer sündhaft teuren Hollywood-Produktion erinnert. Für findige Köpfe (natürlich) ein gefundenes Fressen, weshalb sich Beinamen wie “Venedig des Nordens” oder „Paris des Ostens“ fast zwangsläufig etablieren mussten.

Während sich über den Sinn derartiger Vergleiche stets vortrefflich streiten lässt, dienen sie doch als Gradmesser für den Stellenwert einer Stadt. Dass Petersburg international keinen Vergleich zu scheuen braucht, wird Besuchern vor Ort beeindruckend vor Augen geführt – ob nun anhand der Hochglanz-Panoramen ausgewiesener Tourismuspfade oder der häufig nicht minder reizvollen Momente fernab des Mainstreams in einem Café, einem Park oder dem städtischen Umland.

Mit Unvergesslichem darf in Sankt Petersburg jedenfalls stets gerechnet werden. Bloß verstehen wird man das Gesehene möglicherweise nicht. Hierfür gibt es nämlich in dieser Stadt der Widersprüche keine Gewähr.

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